Texte werden kürzer und Bilder werden größer, diese Entwicklung im Online-Marketing wird von Jahr zu Jahr deutlicher. Mit dem Trend zur visualisierten Information steigt auch das Interesse an visuellen Suchmöglichkeiten und Produktvorschlägen (vgl. Shiau et al., 2020; Dagan et al., 2022). Shop by Image ist das neue Stichwort. Convertly erklärt Dir, was es damit auf sich hat.
Was ist Shop by Image?
Im E-Commerce unterscheidet man ganz grundlegend zwischen zwei verschiedenen Bildarten: den sogenannten “scene images”, welche eine Szenerie, einen Anwendungskontext oder ein Lebensgefühl verdeutlichen und den “product images”, welche ein Produkt vor einem neutralen Hintergrund zeigen (vgl. Kang et al., 2019). Während Product Images die Feinheiten des Produkts besser zur Geltung bringen, fühlen sich Scene Images realitätsnäher an – unter anderem weil sie das Produkt in Kombination mit anderen Produkten zeigen.
Menschen stellen automatisch Bezüge zwischen Objekten her. Basierend auf deren Aussehen nehmen sie sie als zusammengehörig wahr. Shop by Image macht sich diese Denkweise zunutze (vgl. McAuley, 2015). Basierend auf Scene Images findet das Feature passende Produkte oder Produktvorschläge zur aktuellen Auswahl oder Eingabe.
Shop the Look / Street2Shop
Shop the Look (oder auch Street2Shop) analysiert ein Bild auf bestimmte Produktmerkmale und gleicht diese mit einer Produktdatenbank ab, um Vorschläge zu liefern, die den auf dem Anwendungsfoto abgebildeten Gegenständen so ähnlich wie möglich sind (vgl. Kang et al., 2019).
Angewandt wird diese Technik zum Beispiel auf Plattformen wie Google für die bildbasierte Suche oder Pinterest für die Produktsuche im Bild, aber auch in Shops wie Amazon oder Alibaba verwenden die Technik (vgl. Shiau et al., 2020).

Quelle: Shop the Look auf Pinterest
Complete the Look
Complete the Look analysiert ein Bild auf dieselbe Weise wie Shop the Look, jedoch liefert es stattdessen komplementäre Vorschläge zum gefundenen Motiv. Es werden Produkte vorgeschlagen, die zum abgebildeten Produkt passen.
Dieser Algorithmus ist schwieriger umzusetzen, da das Feature eine Stilberatung nachahmt und damit ein grundlegendes “Verständnis” dafür entwickeln muss, welche Produkte zusammenpassen. Soll ein automatisierter Vorschlags-Algorithmus entwickelt werden, so basiert dieser zumindest zum Teil auf einem umfangreichen Training mit relevanten Datensätzen (z.B. Beispielbilder) und Evaluation durch reale Personen (vgl. Kang et al., 2019).
Complete the Look kann jedoch auch simuliert werden, zum Beispiel durch die Kombination verschiedener Produkte in passenden Styling-Gruppen (Capsule Wardrobes) (vgl. Hsiao et al., 2018) . Aus dem Capsule Wardrobe werden dann passende Produkte angezeigt. Eine weitere Möglichkeit ist das Hinterlegen eines Anwendungsbildes zum Produkt mit manuell hinterlegten komplementären Produkten.

Quelle: About You Outfit-Inspiration
Video2Shop
Zunehmend populär sind auch Video- und Streaming-Content geworden und Shops wie About You oder IKEA bieten bereits Live-Shopping Features an, in denen die im Video gezeigten Produkte in einer Seitenleiste in Echtzeit abgebildet werden.

Quelle: About You Live Shopping
Das Konzept Video2Shop soll es nun ermöglichen, gezielt anhand von Videos (z.B. Clips aus Serien) nach Produkten zu suchen, die denen im Video ähnlich sehen. Damit wird vor allem das Shopping-Interesse abgegriffen, das durch den Idol-Charakter der Akteure und deren Geschichte mit dem Produkt entsteht (vgl. Cheng et al., 2018).
Shop by Image: Eine Grundidee, viele Anwendungen
Wir wir bereits in den vorangegangenen Beispielen gesehen haben, kann Shop by Image in den verschiedensten Ausprägungen auftreten. Stilvorschläge wie bei Adidas, Zalando und About You setzen dabei auf die selben psychologischen Grundlagen wie die Shop the Look Ansätze von Pinterest und Co.: Eine konkrete Vorstellung von der Anwendung des Produkts und ein Gefühl von Zusammengehörigkeit mit anderen Produkten.

Quelle: Adidas Lookbook

Quelle: About You “Outfit von…”
Neben Trend- und Hersteller-Vorschlägen kann persönlicher Stil als Faktor in die Auswahl der Produktvorschläge integriert werden, um noch attraktivere Angebote zu präsentieren (vgl. McAuley, 2015).
Im Shopware Store gibt es bereits einige Plugins, die die Einbindung einfacher, händisch zusammenstellbarer Shop the Look Features ermöglichen. Mit dem zunehmenden Einsatz von KI-basierten Vorschlags-Modellen und dem sich immer weiter in Richtung Bildkontext verlagernden E-Commerce vermuten wir jedoch, dass diese Art von Produktdarstellung in der Zukunft noch mehr an Popularität gewinnen wird.
Shop by Image bietet sich vor allem zur Verwendung in der Fashion und Interior-Branche an, da diese Branchen von einem visuellen Kauferlebnis leben (vgl. Shiau et al., 2020). Es kann aber auch in anderen Produktsortimenten verwendet werden, so erwähnen Dagan et al. (2022) unter anderem Anwendungen in der Sammel-, Vintage-, Kunst- und Spielzeug-Branche. Hier besteht der Vorteil vor allem darin, dass der Kunde die korrekte Bezeichnung für das Produkt nicht kennen muss, um es zu finden und gleichzeitig deutlich spezifischere Informationen an die Suche weitergeben kann (vgl. Dagan et al., 2022).
Also: Solltest Du Shop by Image in deinem Shop verwenden?
Konkrete Zahlen zur Effektivität von Shop by Image im Bezug auf die Conversion Rate gibt es leider noch nicht. Allerdings taucht das Thema in den letzten fünf Jahren vermehrt in E-Commerce Papers auf. Auffällig ist dabei, dass die Relevanz des Features als gegeben betrachtet wird. Es wird lediglich erörtert, wie ein noch präziserer Vorschlags-Algorithmus erstellt werden kann (vgl. Dagan et al., 2022), denn je präziser die Produktvorschläge, desto höher das Kunden-Engagement (vgl. Shiau et al., 2020).
Auf jeden Fall bietet das Feature eine interessante Gelegenheit für einen A/B-Test. KPIs wie Conversion Rate, Engagement und nicht zuletzt Umsatz sind von einer alternativen Suchmechanik und dem Anreiz zum Mehrkauf direkt betroffen. Wie du KPIs richtig bewertest, erklären wir Dir hier.